36. Tag Trail-Magic mit Queenie

Dienstag, 22.04.


Hot Springs liegt direkt auf dem Appalachian Trail, man laeuft ueber die Hauptstrasse mitten ins Dorf hinein. Und auf dieser Main Street gibt es alles, was wir Hiker brauchen : Waschsalon, Buecherei fuer Internet, Post, eine Taverne, ein Restaurant und einen Dollar General, in dem man gut und billig einkaufen kann. Leider haben die dort im Laden keinen Joghurt und auch kein frisches Obst im Sortiment. Deswegen decke ich meinen Proteinbedarf mit Eiern in jeder Form und trinke dazu literweise Orangensaft.

Der Himmel ist grau, heute soll es Regen geben. Aber ich will trotzdem gerne los. 

Kaufe morgens noch einen halben Liter Milch zum Mitnehmen und klaue auf der Toilette an der Tankstelle etwas Klopapier als Reserve. Klar, das kann man auch kaufen. Aber wer will schon eine ganze Rolle tragen ? Waehrend ich ein letztes Mal wegen Internet vor der Buecherei stehe, laeuft Baltimore Jack vorbei. Den habe ich zuletzt bei Neel Gap am 3. Tag getroffen. Er muesste in diesem Jahr schon zum 11. Mal auf dem Trail sein. Ich wuerde zu gerne wissen, was der im Winter macht ..... Vielleicht laeuft er dann den TeAraroa in Neuseeland ?

Um kurz nach 11.00 Uhr komme ich endlich los und muss natuerlich zunaechst wieder steil bergauf, das ist immer hart nach dem Proviant-Einkauf.  Kaum bin ich oben angelangt, da fallen die ersten Tropfen. Noch nicht genug, um die Regenklamotten herauszuholen. Ich sehe lieber zu, dass ich so schnell wie moeglich wieder aus der Hoehe absteige. 

Nach 6 Meilen erreiche ich das Tanyard Gap. Wollte eigentlich kurz vorher eine grosse Pause machen, aber ein entgegenkommender Hiker hat mir von der bevorstehenden Trail Magic erzaehlt. Deswegen laufe ich durch, bis ich bei Queenie ankomme. Sie hat ihr Auto vollgeladen mit allen moeglichen Sachen, die Wanderer unterwegs gerne haben. Queenie erzaehlt mir ihre Lebensgeschichte, sie hat es echt nicht leicht gehabt. Nun ist sie gluecklich damit, wenn sie anderen eine Freude bereiten kann. Ich trinke eine Flasche Eistee, esse dazu 3 Bananen und noch 3 Mozzarella-Sticks. Waehrend wir dort sitzen, kommt ein heftiger Regenschauer herunter. Aber ich sitze mit Regensachen ziemlich gut geschuetzt unter ihrer offenen Kofferraum-Klappe. Mein Rucksack steht sicher im Inneren des Wagens. Passt ja mal wieder prima.  

Bleibe mehr als eine Stunde bei Queenie, dann bekomme ich noch eine Banane, 2 Mozzarella-Sticks und etwas Suesses von ihr mit fuer den weiteren Weg. Dadurch wird mein Rucksack auch nicht leichter, aber morgen werde ich mich darueber freuen. 

Als ich endlich weiterlaufe, da kommen mir die ersten Slackpacker auf dem Weg entgegen. Die haben sich mit dem Auto 15 Meilen Richtung Norden an einem Gap absetzen lassen und laufen nun den Weg bergab anstelle von bergauf. Und das alles ohne schweren Rucksack, denn den haben sie im Hostel gelassen, wo sie heute wieder uebernachten werden. Die Frau erzaehlt mir, sie wuerde nie 15 Meilen am Tag mit vollem Gepaeck schaffen. Morgen wird das Auto sie dann bis zu der Stelle bringen, wo sie heute gestartet sind. So einfach kann man sich das Leben auf dem Trail machen.

Zwischendurch faengt es immer mal wieder an zu regnen, aber meistens sind es nur kurze Schauer. Das Schlimmste habe ich wirklich bei der Trail Magic gut geschuetzt abgewartet.

Am spaeten Nachmittag laufe ich an der Spring Mountain Shelter vorbei, wo schon wieder viel los ist. Kurz danach kommt noch ein einzelnes Zelt .... und dann gar nichts mehr. Kann  2,5 Stunden alleine durch den Wald laufen und sehe niemanden mehr.

Bei der Suche nach einem geeigneten Platz fuer die Nacht bin ich heute sehr waehlerisch. Die erste Stelle, die in Frage kommt, die liegt mir zu nahe am Weg. Danach kommt eine groessere campsite, dort waere ich alleine, aber der Platz ist mir zu schmutzig. Der liegt zu nahe an einer Strasse, der Muell wird nicht von der Thru-Hikern liegengelassen. Ich habe noch genug Energie, um weitersuchen zu koennen. Das kann natuerlich auch nach hinten losgehen, so dass man noch ewig laufen muss. Aber heute habe ich Glueck und werde mit meinem bisher allerschoensten Zeltplatz belohnt. Hinter der naechsten Strasse steige ich etwa eine Meile den Berg hinauf. Dann entdecke ich eine ganz schmale Spur zwischen Rhododendron-Straeuchern und finde eine kleine Lichtung dahinter. Gerade passend fuer mein kleines Zelt, mit ein wenig Platz drumherum zum Kochen und Sitzen. Bin umgeben von Baeumen und Hecke, weiches Laub liegt auf dem Boden, von oben scheint sogar die Sonne auf mein kleines Grundstueck. Ich kann noch meine Sachen zum Trocknen aufhaengen und den Tag gemuetlich ausklingen lassen. Immerhin wieder 14,8 Meilen geschafft heute, obwohl ich mich erst so spaet von Hot Springs losreissen konnte.

Kaum ist es richtig dunkel geworden, da hoere ich ein mittelgrosses Tier mit 4 Pfoten um mein Lager herumtapsen und schnueffeln. Auf dem knisternden Laub kann man wirklich jeden Tapser gut ausmachen. Fuer einen Baer ist es nicht schwer genug. Vielleicht etwas hundeartiges, ein Koyote oder so ? Egal, ich bin viel zu faul, um mich nochmal aus meinem Schlafsack zu pellen und draussen nachzusehen. Ausserdem bin ich mir zu 100 % sicher, dass mich hier kein Tier aus meinem Zelt holen wird. Bin froh, wieder im Wald zu sein und kann sehr gut einschlafen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Helga Rockstroh (Sonntag, 27 April 2014 22:19)

    Liebe Frauke! Super ausführlich und spannend mal wieder!
    Aber wieso bist du diesmal alleine unterwegs . lg Helga